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Die seltsamen Menschen zu erforschen, das ist das Ziel einer Expedition der Ameisen. Sie erforschen Sprache und Schrift und vermuten, dass der Mensch in der Tat unter den ungeschlachten Bestien, die man Knochentiere nennt, den ersten Rang einzunehmen scheint.

 

Was ist es, das der Mensch „Liebe nennt, warum gehorcht er nicht seinen Führern, was soll diese „Freiheit bedeuten, die dem Menschen so wichtig zu sein scheint. In diesem am Anfang des 20. Jahrhunderts verfassten Text geht es dem Autor um nicht weniger als die großen Fragen der Menschheit. Laßwitz’ Text besticht nicht nur durch seinen hellsichtigen Inhalt, sondern auch durch die poetische Sprache, die er den Ameisen angedeihen lässt.

Großartig in Szene gesetzt von der Berliner Illustratorin Katia Fouquet, ist dieser besondere Text endlich wieder verfügbar.

 

Aus dem Text über Ehe, Religion, Liebe Freiheit:

 

"Ich erinnerte mich, bei Ssrr gelesen zu haben, daß es geflügelte Menschen gäbe, welche sie Engel nennen, und daß die jungen Weibchen von den Männchen öfter »mein Engel« genannt würden, wenn sie älter sind, aber nicht mehr. Daraus ist wohl zu schließen, daß auch die Menschen nach der Hochzeit die Flügel verlieren."

 

"Daß die Menschen auch religiöse Vorstellungen besitzen, hätte ich nicht geglaubt. Dennoch ist nach den Forschungen von Ssrr kein Zweifel daran, wiewohl es sich nur um einen ziemlich rohen Fetischdienst handeln dürfte. Sie haben nämlich eine Art runder Platten von einem schweren, glänzenden Stoffe mit der Abbildung eines menschlichen Kopfes, die sie als ihre Götzen anbeten. Sie verehren dieselben über alles und tragen immer einige bei sich. Wer keine solche Götzenbilder besitzt und vorzeigen kann, wird als ein verworfener Mensch betrachtet und aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen. Er kann es zu keiner angesehenen Stellung bringen und erhält nicht einmal die nötigsten Nahrungsmittel. Wer dagegen von jenen Götzenbildern eine große Menge in seinem Bau aufgehäuft hat, wird als ein heiliger Mann verehrt, alle beugen sich vor ihm, und er kann sogar die so hochgeschätzten Tintendrüsen für einige Götzenbilder erhalten."

 

"Und dann, was ist überhaupt Liebe? Ein Wort, mit dem die Menschen gern umherwerfen, aber ich glaube nicht, daß sie sich selbst dabei etwas denken. Wir wenigstens verstehen es nicht. Man sorgt für Puppen und Larven und für das Wohl des Staates, aber das ist doch alles selbstverständlich – und Liebe? Das muß wohl einer von den menschlichen Instinkten sein, über die wir, dank unserer Ameisenwürde, erhaben sind."

 

"Wieder ordentlich im Stock eingerichtet. Mögen die Menschen machen, was sie wollen, ich habe höhere Pflichten, als mich um den Unsinn zu kümmern, den sie Liebe nennen. Bei uns läuft alles im Stock durcheinander. Es ist Zeit, daß die unnützen Esser, die Männchen, beseitigt werden."

 

"Ich las in der Bibliothek in einem Menschenbuche eine seltsame Geschichte, die ich nicht glauben kann. Es war ein Mensch, wahrscheinlich ein Führer, der mehr wußte als die andern, und ihnen das alles sagte, weil er glaubte, daß es gut sein würde für den Stock; und das finde ich ganz selbstverständlich. Den andern Führern aber gefiel es nicht, weil er auch zu den Sklaven sprach, daß sie nicht geringer seien als die Führer. Da nahmen sie ihn und sagten, wenn er nicht seine Taster still halte, so würden sie ihn totzwacken. Das ist ja auch ganz richtig, denn wer den Führern und damit dem Stock schadet, muß totgezwackt werden. Nun aber kommt das, was ich nicht verstehe. Der Mensch wurde nicht etwa still, sondern er fuhr fort, seine Meinung zu behalten und zu behaupten. Wie kann das sein, daß einer von der Meinung der Führer abweicht? Und wie sie ihn nun zwackten, so hörte er doch nicht auf zu reden, sondern er hob seine Taster vor allem Volke und rief: »Ihr könnt nicht richten über mein Gewissen, das mich heißt die Wahrheit zu künden. Höher als das Leben steht die Freiheit der Überzeugung. Totzwacken könnt ihr mich wohl, aber meine Worte werden bleiben, und ich sterbe gern für die Freiheit! «Was soll das alles heißen? Freiheit? Dummes Zeug! Ich krieche in meine Winterzelle."

 

 

Es erscheint eine Vorzugsausgabe mit einem von Katia Fouquet gestalteten Schal (Auflage 80 Exemplare), einer Künstlertasche und signiertem Buch.

Katia Fouquet / Kurd Laßwitz – Aus dem Tagebuch einer Ameise

Artikelnummer: ISBN 978-3-96849-090-8
16,00 €Preis
inkl. MwSt.
  • Infos

    Signierte Exemplare solange der Vorrat reicht!

     

    17 x 17 cm, 64 Seiten, 71 Illustrationen, gebunden

    Vorzugsausgabe hier erhältlich (inklusive Künstlerschal, Künstlertasche und Buch)

  • Autor

    Kurd Laßwitz (* 20. April 1848 in Breslau; † 17. Oktober 1910 in Gotha; eigentlich Carl Theodor Victor Kurd Laßwitz) war ein deutscher Schriftsteller. Er publizierte zudem unter dem Pseudonym L. Velatus und gilt als Begründer der deutschsprachigen Science-Fiction. Sein Roman „Auf zwei Planeten aus dem Jahr 1897 gehört zu den wichtigen deutschen Science-Fiction-Romanen und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

  • Illustration

    Katia Fouquet (*1975 in Speyer) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der UdK Berlin und an der Accademia di Belle Arti Bologna Visuelle Kommunikation. Sie arbeitet genreübergreifend auch als Comic-Autorin und hat mehrere Graphic Novels veröffentlicht.

    www.katiafouquet.com

  • Pressezitate

    "In einem Punkt kann ich der Ameise allerdings nicht widersprechen. Sie ist im Vergleich zum ungeschlachten Knochentier Mensch, zu dem ich mich zähle, hoch komplex in ihrer Gestalt. So taten sich meine groben Fühler sehr schwer, die vielgestaltigen Beiß- und Fühlwerkzeuge sowie die sechs Beine mit unzähligen Gelenken in den Zeichnungen korrekt festzuhalten. Ameisen! Verzeiht mir, ich tat mein Bestes! Doch jetzt ruft die Freiheit, ich darf den Schreibtisch verlassen. Endlich wieder Zeit für die Liebe!"  (Katia Fouquet im Nachwort)

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